Eine Mietwohnung zu finden, ist selten einfach. Doch in einigen Ländern wird die Suche zur echten Geduldsprobe. Wer schon einmal versucht hat, in Berlin oder Hamburg eine bezahlbare Wohnung zu bekommen, weiß: Hier geht es nicht um Wunschlagen oder Balkonträume – sondern ums Überleben auf dem Wohnungsmarkt. Klingt übertrieben? Ist es leider nicht.
Aber wie sieht die Situation eigentlich im übrigen Europa aus? Gibt es Länder, in denen sich Wohnraum leichter finden lässt? Und was machen andere Regionen möglicherweise besser? Besonders spannend ist der Vergleich zwischen Ost- und Westeuropa – denn hier treffen zwei Wohnwelten aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Wohnen früher: Ein kurzer Rückblick mit großer Wirkung
Bevor wir den aktuellen Markt analysieren, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg teilte sich Europa nicht nur politisch, sondern auch wohnungspolitisch in zwei Lager:
Westeuropa: Deutschland, Frankreich und Co. setzten zunehmend auf marktwirtschaftliche Lösungen. Private Investoren, Mietverträge, Wohnungsbau zur Kapitalanlage – das alles wurde zur Norm.
Osteuropa: Länder wie Polen, Bulgarien, Tschechien oder Rumänien verfolgten einen völlig anderen Weg. Wohnraum war staatlich organisiert. Mietwohnungen wurden vergeben, nicht gesucht. Die Miete war meist niedrig und Eigentum spielte kaum eine Rolle.
Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks in den 1990er Jahren änderte sich diese Struktur abrupt. Die schnelle Privatisierung von Wohnraum führte dazu, dass viele osteuropäische Länder plötzlich mit einem neuen, oft unregulierten Mietmarkt konfrontiert waren – mit teils chaotischen Folgen.
Der aktuelle Vergleich: Zwei Märkte, zwei Dynamiken
Heute kämpfen sowohl Ost- als auch Westeuropa mit Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt. Doch die Art der Probleme unterscheidet sich deutlich.
Westeuropa – vor allem Deutschland: Viel Nachfrage, wenig Angebot
Besonders in deutschen Großstädten zeigt sich ein klares Muster:
- Zuzug in Ballungsräume führt zu einer konstant hohen Nachfrage.
- Kaum bezahlbarer Neubau verschärft die Lage zusätzlich.
- Private Investoren treiben die Preise – nicht selten steht Kapitalrendite über Wohnqualität.
Die Folge? Wer heute in Deutschland, aber auch anderen westlichen Staaten eine Mietwohnung sucht, muss nicht nur viele Besichtigungen durchstehen, sondern oft auch hohe Gehaltsnachweise, Bürgschaften oder Schufa-Auszüge liefern. Die Suche gleicht einem Bewerbungsmarathon. Inzwischen müssen viele Wohnungssuchende sogar auf automatisierte Hilfstools wie Wohnungsbots zurückgreifen, um überhaupt die Chance auf eine Besichtigung zu erhalten.
Osteuropa: Mehr Angebot, aber auch Unsicherheit
Anders sieht es beispielsweise in Städten wie Sofia oder Warschau aus. Hier sind Mietpreise in vielen Fällen niedriger und Wohnungen oft schneller verfügbar. Dennoch gibt es auch hier Herausforderungen:
- Viele Wohnungen sind in privatem Familienbesitz und werden gar nicht vermietet.
- Fehlende gesetzliche Regelungen führen zu unsicheren Mietverhältnissen.
- Die Qualität der Wohnungen variiert stark – von modern renoviert bis marode.
Es zeigt sich: Während man in Deutschland oft keine Wohnung findet, bekommt man in Osteuropa schneller eine – aber nicht immer zu fairen oder verlässlichen Bedingungen.
Warum ist Wohnen in Deutschland so schwierig?
Die Ursachen für die angespannte Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt sind vielschichtig:
Der Verkauf kommunaler Wohnungen in den 2000er Jahren an private Investoren – eine Entscheidung, die heute als schwerwiegender Fehler gilt.
Der Mangel an sozialem Wohnungsbau: Zwar wird gebaut – aber hauptsächlich im hochpreisigen Segment.
Bürokratische Hürden wie Bauanträge dauern oft Jahre, Genehmigungen sind langwierig.
Immobilien werden als Kapitalanlage gekauft und nicht, um vermietet zu werden.
Das alles führt dazu, dass Wohnraum zunehmend zur Ware wird – nicht mehr zum Lebensraum.
Lösungsansätze – und was wir von unseren Nachbarn lernen können
Natürlich lässt sich der Wohnungsmarkt nicht über Nacht reformieren. Doch es gibt konkrete Handlungsansätze:
Förderung von Wohnbaugenossenschaften: Diese schaffen bezahlbaren Wohnraum, unabhängig von Marktmechanismen.
Vereinfachung von Bauverfahren: Schnellere Genehmigungen könnten den Neubau ankurbeln.
Nutzung ländlicher Potenziale: Digitalisierung macht es möglich, Arbeit und Wohnort flexibler zu verbinden – das könnte die Städte entlasten.
Regulierung mit Augenmaß: Mietendeckel können helfen – wenn sie konsequent durchgesetzt und richtig gestaltet sind.
Der Blick nach Osteuropa zeigt zudem: Ein stärkerer öffentlicher Einfluss auf den Mietmarkt kann helfen, Auswüchse zu verhindern – sofern er sozial und transparent gestaltet wird.
Zwei Welten, ein Grundbedürfnis
Ob in Ost oder West – am Ende wollen alle Menschen dasselbe: ein sicheres Dach über dem Kopf zu einem bezahlbaren Preis. Der Vergleich zeigt, dass kein System perfekt ist. Doch der Dialog zwischen den Modellen könnte wertvolle Impulse liefern.
Was es braucht? Mehr Mut zur Veränderung sowie mehr politische Verantwortung – und eine klare gesellschaftliche Haltung, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Keine Ware.